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Was ist besser als Erinnerungskultur im stickigen Klassenraum? Erinnerungskultur in greifbarer Nähe in Düsseldorf.

Am Drehtor abgeholt, ging es nach Düsseldorf zum Landesbüro der Konrad-Adenauer-Stiftung,die freundlicherweise zu diesem Studientag einlud.

In der Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf, dem damaligen Sitz der Gestapo, erarbeiteten wir vierunterschiedliche Biografien und konnten einen sehr persönlichen Einblick das Leben der einzelnen Personen gewinnen. Anschließendhatten wir noch die Möglichkeit, uns den dortigen Luftschutzbunker anzuschauen.

Anschließend machten wir einen Rundgang durch die Stadt, den wir mithilfe einer App selbst gestaltet haben.

Jeder wurde so zum Experten für historische Gebäude, Skulpturen und Stolpersteine. Wir haben uns auch mit jüdischen Leben vor der NS-Zeit auseinandergesetzt, denn die jüdische Kunst, Kultur und Wissenschaft, die lange vorher in unserer Gesellschaft verankert gewesen war, kommt im Unterricht oft viel zu kurz.

Aaron, Dario, Jg. Q2

Es geschah mitten in unserer Stadt

Geschichte kann man überall erleben, manchmal reicht jedoch unsere Vorstellungskraft nicht aus, um wirklich zu erkennen, was sich an Orten, die wir kennen, viele Jahre zuvor abgespielt hat.

Die Kaiser-Friedrich-Straße im Duisburger Norden ist bestimmt vielen bekannt, doch weiß kaum einer, dass sich einst in einem der Häuser eine jüdische Synagoge befunden hat. Ende des 19. Jahrhunderts wurde es notwendig, für die wachsende jüdische Bevölkerung in Hamborn eine eigene Synagoge zu erschaffen. Nach einer langen Zeit, in der sich die jüdische Gemeinde in einem Betsaal traf, der den Umständen mittlerweile nicht mehr angemessen war, wurde 1911 in einer Gemeindeversammlung beschlossen, dass eine Synagoge, sowie Lehrerwohnungen und ein Gemeindehaus neu erbaut werden sollten. Die Planung des Neubaus wurde dann durch den 1. Weltkrieg unterbrochen, deshalb wurde ein schon benutztes Grundstück und Haus auf der Kaiser-Friedrich-Straße erworben, welches dann als „Übergangssynagoge“ diente. Nach dem 1. Weltkrieg wurden erneute Planungen für den Neubau einer Synagoge durch die ansteigende Inflation in Deutschland unterbrochen, sodass die Gemeinde weiterhin in besagtem Haus auf der Kaiser-Friedrich-Straße bestehen blieb.

Im Jahre 1938 wurde auch das Gebäude, welches die Jüdische Gemeinde als Synagoge nutzte, im Zuge der Reichsprogromnacht vom 09.11.1938 auf den 10.11.1938 in Brand gesteckt. Am 01.11.1938 wurde das Haus verkauft. Es wurde neu errichtet und später ist an der Hausfassade ist eine Gedenktafel installiert worden, die bis heute dort hängt.

Ich selbst bin viele Jahre so oft an dieser Tafel vorbeigegangen, ohne sie wirklich wahrzunehmen, jedoch ist es wichtig, dass man mit offenen Augen durch die Welt geht, denn nur so kann man neue Dinge entdecken, oder altes wiederentdecken. Wir dürfen unsere Augen nicht verschließen, sondern sollten ganz bewusst hinsehen und verstehen, sodass wir unser Handeln nach unserem Wissen richten und nicht nach unserem Unwissen. Es gibt viele kleine, aber auch große Hinweise, die auf den Holocaust hindeuten, wir müssen sie nur wahrnehmen und im Gedenken an die Opfer handeln. Zu oft dienen große oder kleine Mahnmale heute nur noch als Sehenswürdigkeit oder Treffpunkt. Das ist fatal.

Anna, 2018

Menschen wurden aus unserer Mitte gerissen

Dokumentenauszüge aus einem Entschädigungsantrag von Reinhold Meisels, der nach dem Krieg in Galed, Haifa in Israel lebte. Er war der Sohn von Reinold Meisels. Er stellt darin für seinen Vater einen Entschädigungsantrag auf Freiheitsschaden, Vermögens- und Eigentumsschaden, beruflichen Schaden und Versicherungsschaden. Aus dem Dokument geht hervor, dass Jakob Meisels vom 17.11. bis zum 16.12.1938 im Konzentrationslager Dachau inhaftiert war, nachdem er aus Duisburg-Meiderich deportiert wurde.

Am 15.06.1942 wurde er nach Isbica in Polen verbracht, jedoch ist dabei nicht klar, ob es sich um seinen neuen Aufenthaltsort um ein Ghetto oder eine Hafteinrichtung anderer Art gehandelt hat. Man ist sich nicht sicher, wann und wo genau Reinold Meisel starb. Jedoch legte man als ungefähres Datum den 09.05.1945 fest. Somit zeigt dieses Dokument wie ungenau die Angaben aus der damaligen Kriegszeit sind und wie folgenreich dies für die Nachkommen ist.

Es wurden nicht nur Menschen aus der Ferne, sondern auch Menschen aus Duisburg, deportiert. Mitten in unserer Stadt wurden sie ihren Familien entrissen. Für die Familien sind die Taten schwer-wiegend und sie suchen noch heute nach ihren Wurzeln. Der Nationalsozialismus fand mitten in Duisburg statt, vor unserer Haustür statt und seine Opfer dürfen nicht vergessen werden.

Maurice, 2018